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Marion Eisler und Marion Wenzel im zerstörten Hotel

Staatsanwaltschaft klagt nicht gegen Ex-Landrat im Ahrtal: Betroffene wütend und enttäuscht

Stand: 19.04.2024, 16:28 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Koblenz erhebt keine Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen Ex-Landrat Jürgen Pföhler (CDU). Bei den Betroffenen stößt das auf Unverständnis.

Von Svenja Smolarek

Es regnet in Strömen als Marion Wenzel die Tür zu ihrem Hotel aufschließt. Der graue Himmel, solidarisch mit ihrer Stimmung und der von Marion Eisler. Die beiden Frauen leben in Ahrweiler, dem Ort, den die Flut im Sommer 2021 so stark zerstört hat.

Marion Wenzel ist Gastronomin mit Leib und Seele. Gerade wird der Estrich in ihrem Restaurant wieder gegossen. Ein kleiner Schritt zurück in die Normalität.

Reparaturarbeiten werden noch lange andauern

Trockener Pool im zerstörten Hotel

Der Hotelpool ist noch immer eine verschlammte Baustelle.

Ihr Hotel ist dagegen, wie ihr eigenes Haus, weiterhin Baustelle. An der Tür hängt immer noch der Flut-Schlamm. Dahinter ist Rohbau. Wann alles fertig sein wird, weiß sie nicht. Ob sie manchmal darüber nachdenke, alles hinzuschmeißen? "Nein", sagt sie nach kurzem Zögern, "dafür bin ich zu sehr Unternehmerin. Ich muss einfach anpacken." Hotel und Restaurant sind ihr Lebenstraum.

Entscheidung der Staatsanwaltschaft macht sie wütend.

"Da ist immer dieser Groll. Alle, die ich kenne, sind sprachlos über die Entscheidung der Staatsanwaltschaft." Marion Wenzel, Flutbetroffene

Marion Eisler, die nur wenige Straßen entfernt wohnt, wird noch deutlicher. "Unverschämt ist das", so die Rentnerin, "dass da einfach jemand entscheidet, die Ermittlungen sind beendet." Dass der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler ohne jede Konsequenz aus einer Sache heraus gehen könnte, die für viele Menschen lebenslange Folgen haben wird, macht beide sprachlos.

Starker Regen löst auch drei Jahre später noch Erinnerungen aus

Die schicksalshafte Nacht im Juli 2021 haben bei unterschiedlich in Erinnerung. Marion Eisler saß mit ihrem Mann auf der Couch, als der aus dem Erdgeschoss seltsame Geräusche hörte. Als er los ging, um nachzuschauen, bahnte sich das Wasser bereits einen Weg durch die Haustür.

Paralysiert, habe sie dann auf der Treppe gesessen und machtlos zugesehen, wie das Wasser immer weiter anstieg, erinnert sich die Rentnerin. Am schlimmsten sei jedoch die Ungewissheit gewesen, wie es ihrer über 90-jährigen Mutter geht, die allein in einer Wohnung lebte. Erst nach drei Tagen kommt der erlösende Anruf, ihre Mutter konnte gerettet werden.

Marion Wenzel im Portrait

Die Flut hat das Hotel von Marion Wenzel verwüstet.

Marion Wenzel ist zum Zeitpunkt der Flut im Urlaub. Nur ihr Sohn ist zuhause. Als sie das erste Mal nach der Flut wieder zuhause eintrifft, dauert es seine Zeit, bis ihr das Ausmaß des Schadens bewusst wird. Viele Nachbarn und Freunde haben genau wie sie immer noch mit den Folgen der Flut zu kämpfen, finanziell aber vor allem emotional. Sie kann nicht begreifen wie der Landrat sich aus seiner Verantwortung stahl und - stand heute - nicht einmal zur Rechenschaft gezogen wird.

Die Frauen wollen weiterkämpfen

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft kam für sie dennoch nicht überraschend. Marion Eisler hingegen schrieb noch während der Verkündung an die Staatsanwaltschaft Koblenz. "Man kann", so sagt sie kopfschüttelnd, "den Glauben an den Rechtsstaat verlieren."

Es regnet noch immer, als die beiden Frauen die Tür des Hotels hinter sich zu ziehen. Trotz aller Enttäuschung und Wut wollen die beiden weiter machen. Demonstrieren, auf sich und die anderen Betroffenen aufmerksam machen und natürlich den Wiederaufbau vorantreiben, weil Aufgeben keine Option für sie ist.

Flutkatastrophe im Ahrtal: Ermittlungen gegen Ex-Landrat eingestellt

01:45 Min. Verfügbar bis 18.04.2026

unsere Quellen:

  • WDR Reporterin vor Ort
  • Staatsanwaltschaft Koblenz