Bürgermeister mit Kennzeichen

Themenwoche Heimat - Heimatliche Autokennzeichen

WAN, WAT, WIT und Co

Stand: 05.10.2015, 00:00 Uhr

1975 wurden durch die kommunale Gebietsreform viele bis dahin eigenständige Städte mit anderen zusammengelegt. Gemeinsame Verwaltung hieß auch: Autokennzeichen wie WAT für Wattenscheid oder WIT für Witten mussten weichen.

Doch für viele war das heimatliche Kennzeichen ein wichtiges Symbol der Verbundenheit. Als vor gut drei Jahren ein Professor aus Heilbronn die Wiedereinführung der Altkennzeichen in Gang setzte, war der Zuspruch groß. Politiker unterstützten die Initiative und nun können also Autofahrer, egal ob in Witten, Wattenscheid oder Moers, ihre alten Autokennzeichen wieder wählen.

Lokalpatriotismus und Werbung für die Heimatstadt

Die altehrwürdige BMW-Isetta von Jens Matros ist in der Stadt bekannt wie ein bunter Hund. Und ihr stolzer Besitzer, der 47-jährige Wittener, ergatterte als einer der ersten wieder ein altes Kennzeichen, mit dem er nun den Oldtimer durch seine Heimatstadt kutschiert. Jahrelang ging für ihn die Identität als Wittener Bürger im anonymen EN des Ennepe-Ruhr-Kreises unter. Dabei lebt er gerne in Witten und möchte das auch zeigen. Für ihn ist das Autokennzeichen auch so etwas wie Werbung für die Ruhrgebietsstadt.

Und die Verantwortlichen im Ennepe-Ruhr-Kreis haben diese kostenlose Werbung schnell als etwas Positives erkannt und die Wiedereinführung der Altkennzeichen intensiv unterstützt. Schließlich lassen sich die stolzen Autohalter diese Liebe zur Heimatstadt durchaus etwas kosten. Geld, das zusätzlich in die öffentlichen Kassen fließt. Wer sollte dazu nein sagen? Auch für Jens Matros war es den finanziellen Einsatz durchaus wert.

Aufbegehren gegen Eingemeindung

Die Gründe der Autobesitzer, sich für das "alte" Kennzeichen zu entscheiden, sind ganz unterschiedlich: Nostalgie, Heimatliebe, stolzes Abgrenzen gegen Anonymität in größeren Kreisverbünden oder, wie in der Nachbarstadt Bochum, genauer gesagt im Stadtteil Wattenscheid, ein Symbol fürs Aufbegehren gegen die nie so recht akzeptierte kommunale Gebietsreform. Der Wattenscheider an sich trägt bis heute schwer daran und hat nun endlich mit dem WAT-Kennzeichen die Chance, seinen Lokalpatriotismus auf friedliche Weise auszuleben. Denn viele empfinden die Eingemeindung ihrer einst kreisfreien Stadt nach wie vor als ein Unding. Da kam die Initiative des Heilbronner Wirtschaftsprofessors Ralf Borchert, die alten Autokennzeichen wieder zuzulassen, gerade recht.

Wittener zeigt stolz sein Kennzeichen

Stolz können Wittener & Co wieder zeigen, wo sie herkommen

Die Gegner der Gebietsreform von 1975 waren gleich Feuer und Flamme und gründeten umgehend die Initiative "Wir wollen WAT". Auch Herman Hülder war sofort dabei. Für ihn bedeutete das Ummelden seines Autos von BO nach WAT die Rückeroberung eines kleinen Stücks Selbstständigkeit. Heimatliebe gepaart mit deutlichen Abgrenzungswünschen. Der 63-jährige Stadtmitarbeiter war wohl der erste, der sich, als es endlich möglich wurde, sein Wunschkennzeichen holte. WAT- JA 74 prangt seitdem stolz und auch etwas trotzig an seinem Auto. Die 74 steht dabei für das Jahr 1974, in welchem zum vorerst letzten Mal WAT-Kennzeichen ausgegeben wurden.

Die Zahlen sprechen für die alten Kennzeichen

Der Stadt Bochum kann so ein friedlicher Miniaufstand eigentlich ganz recht sein. Denn für jede Ummeldung wandern rund 40 Euro - wird ein Wunschkennzeichen reserviert, deutlich mehr - direkt ins ach so leere Stadtsäckel. Und bis heute haben sich immerhin 10.000 Bürger für das WAT-Kennzeichen entschieden. Und demonstrieren damit, neben all den Abgrenzungswünschen zur Stadt Bochum, genau wie Hermann Hülder, vor allem ganz viel Liebe zu der Stadt, in der man geboren und aufgewachsen ist.

Im niederrheinischen Moers bewegte das Ringen um die Liberalisierung der Nummernschilder ganz besonders viele Gemüter. Hier gibt es wohl die größte Fangemeinde für die Wiedereinführung der alten Autokennzeichen. Bereits zwei Jahre nach dem Start waren etwa 16.000 Fahrzeuge mit dem schwarzen MO auf dem Nummernschild unterwegs. Und egal ob WAT, WAN, WIT oder MO: Mit phantasievollen Wortkreationen demonstrieren Autohalter damit überall in Deutschland eine kreative Liebe zu ihrer jeweiligen Heimatstadt.