Live hören
Jetzt läuft: Living on my own von Freddie Mercury
Zwei Frauen halten zwei Eistüten in die Kamera.

Die Eiskugel für 10 Pfennig – so schmeckt der Kindheitssommer!

Stand: 23.06.2023, 00:00 Uhr

Speiseeis geht immer. Am besten natürlich als süße Abkühlung in der Sommerhitze. Mehr als 700 Mio. Liter schlecken wir Deutschen im Jahr. Für viele schmeckt das dann immer auch ein bisschen nach früher, als der Gang in die "Eisdiele" noch etwas ganz besonderes war ...

Von Anne Debus

Die Eiskugel für 10 Pfennig – so schmeckt der Kindheitssommer!

WDR 4 Mittendrin - In unserem Alter 24.06.2023 12:47 Min. Verfügbar bis 23.06.2024 WDR 4 Von Michael Westerhoff


Download

Erdbeer? Vanille? Oder vielleicht doch Schokolade? Sicher keine ganz leichte Entscheidung, wenn man als Kind nur zehn Pfennige hatte und plötzlich der Eiswagen in der Straße stand. Dafür kam der, so erinnert sich die heute 82-jährige WDR 4-Hörerin Brigitte ganz genau, "jeden Tag, und das war so schön, der klingelte immer und hat an jeder Ecke gehalten, das war wunderbar!"

Und täglich klingelte der Eiswagen

Wenn der Eismann dreimal klingelte, ist früher auch WDR 4-Hörerin Sabine, heute 51, in ihrer Zechensiedlung in Dortmund immer auf die Straße gerannt: "Sobald der Eiswagen in die Sackgasse kam, flogen die 10-Pfennig-Stücke aus dem Fenster und die Kinder konnten sich alle ein Eis kaufen – und ich war dabei, natürlich!" Von der heutigen Sortenvielfalt war man in den 1950er und 60er Jahren weit entfernt.

Vier, fünf Sorten und Schluss

"Vanille, Schokolade, Erdbeer und Banane und dann war auch eigentlich schon Schluss", weiß Uwe Koch, der in Werl eine Eisfachschule betreibt. Die Eismacher kamen fast ausschließlich aus Italien, benutzten nur frische Zutaten und verkauften ihr Eis praktisch direkt aus der Maschine heraus, denn, so Uwe Koch, "damals gab es noch keine richtigen Eisvitrinen."

Klarer natürlicher Geschmack

Tatsächlich habe das Eis früher auch anders geschmeckt. "Man legte mehr Wert darauf, dass das Eis einen klaren, natürlichen Geschmack hat." Heutige Eismaschinen schlagen mehr Luft ein und sorgen für eine cremigere Konsistenz, aber, so der Eisfachmann Uwe Koch, "die nimmt uns auch viel vom ursprünglichen Geschmack der Früchte weg".

Chic gemacht fürs Eisessen

Schon seit 40 Jahren gibt es das italienische Eiscafé San Remo in Dortmund. Früher traf man sich hier im geblümten Sonntagskleid oder im Anzug auf "zwei Bällchen" zum Nachmittagsplausch in italienischer Atmosphäre. Kundin Brigitte erinnert sich: "Man hat sich früher wirklich chic gemacht, um in die Eisdiele zu gehen." Auch, um vielleicht ein wenig zu flirten. "Mädchen durften ja nicht in die Kneipen gehen in den 50er Jahren", erinnert sich Kunde Matthias: "Eisdiele war nicht verboten."

Von der Eisdiele zur Manufaktur

Gelato, Cappuccino und (ganz vielleicht) eine kleine Portion Amore – der Reisetraum Italien war praktisch nur um die Ecke. In den 1950er/60er Jahren öffnete die originalitalienische Eisdiele die Tür in eine andere Welt. Seit ein paar Jahren gibt es den neuen Trend der so genannten Eismanufakturen. "Hier experimentiert man mehr", sagt Eisfachmann Uwe Koch, meist bewusst mit natürlichen Zutaten. Dabei orientiere man sich viel an amerikanischen Markenherstellern, "wo gerne mal stückige Zutaten oder interessante verschiedene Aromen miteinander gemischt werden".

Moderne Geschmacksexperimente

Heraus kommen dabei moderne Eissorten wie z. B. "Bienenstich", "Brownie", "Mohn-Marzipan" oder auch "Zwetschgen-Crumble". Auch wer sich nach wie vor lieber für schlichte Sortenklassiker wie Vanille oder Erdbeer entscheidet, zahlt heute deutlich mehr fürs Schleckvergnügen als in seinen Kindertagen. Waren das in den 1950er/60er Jahren tatsächlich noch 10 Pfennig pro Kugel (noch bis in die 80er Jahre: 30 Pfennig), kostet sie heute in Großstädten meist 1,50 Euro (und mehr). Allerdings: Die durchschnittliche Eiskugel der 2020er Jahre ist in der Regel auch 2-3 mal größer als damals.

Weitere Themen